Alles begann mit einem gehörigen Stück Unzufriedenheit. 1899, die Krankenkassen hatten gerade angefangen, sich von kleinen, stark regionalen Hilfskassen, zu grösseren, auf Krankenversicherung spezialisierte Organisationen zu entwickeln, reichte es einer Gruppe von Männern. Sie gehörten der in Zürich beheimateten Allgemeinen Schweizerischen Krankenkasse an, waren aber weder mit deren Leitung noch mit deren Leistung einverstanden.
Als sich Ungereimtheiten in der Abrechnung ergaben und sich der Krankenkassenvorstand auch noch eine höhere Besoldung bewilligte, riefen die Unzufriedenen zu einer ausserordentlichen Versammlung. Am 10. Dezember traf man sich im Restaurant Sonne in Zürich-Unterstrass. Sehr zum Ärger der Leitung der Allgemeinen, die noch versucht hatte, den Aufstand mit einem Inserat im «Tagblatt» zu verhindern.
83 Mutige erschienen trotzdem. Man stellte fest, dass alle Rufe zur Reform ungehört geblieben waren – und es jetzt genug war. «Der Krug geht zum Brunnen, bis er bricht, und heute ist der Tag gekommen, wo er brechen soll», erklärte das spätere Vorstandsmitglied Johann Altorfer. Man beschloss, «etwas Besseres schaffen» zu wollen. Das sollte die Schweizerische Krankenkasse Helvetia sein. Gleich wurde die Beratung der Statuten der neuen Kasse in Angriff genommen. Ein ermüdender Prozess. Als um 19.15 Uhr der Schluss der Versammlung erklärt wurde, waren nur noch 23 Personen anwesend.
Dann ging es Schlag auf Schlag: Am 16. Dezember traf sich zum ersten Mal der provisorische Vorstand der Helvetia, am 1. Januar 1900 nahm sie ihre Geschäftstätigkeit auf und noch im gleichen Jahr, am 28. Oktober 1900, wurde die Helvetia als Genossenschaft ins Handelsregister eingetragen.
Aber wie gelang das Wachstum? Die ersten Neuzugänge kamen von der Konkurrenz. Allen Mitgliedern der Allgemeinen Schweizerischen Krankenkasse wurde angeboten, bis zum 31. Januar 1900 ohne Formalitäten zur Helvetia wechseln zu können. Anderen stand der Beitritt für eine «Einschreibegebühr von 50 Centimes» offen. Ohne ärztliche Untersuchung – was nicht nur aussergewöhnlich war, sondern später auch zu Problemen führen würde. «Ein erschreckendes Bilde» habe sich ergeben, hiess es im Rückblick, «denn viele der Aufgenommenen waren solche, die in keiner anderen Krankenkasse mehr Aufnahme fanden». Im Grundsatz galt aber: Die Helvetia stand allen offen – Männern und Frauen, unabhängig von Partei, Sprache oder Konfession. Angeboten wurde eine Taggeldversicherung in zwei Klassen, die im Monat 1.50 und 2 Franken kosteten.