Ein Zeitreise im Zeitstrahl: Wie aus Helvetia und Artisana Helsana wurde.
Die Schweizerische Krankenkasse Helvetia wird am 10. Dezember 1899 von 83 unzufriedenen Mitgliedern der Allgemeinen Schweizerischen Krankenkasse gegründet. Sie wollen «etwas Besseres schaffen». Die Gründungsversammlung findet im Restaurant Sonne in Zürich-Unterstrass statt. Die Helvetia steht von Beginn weg allen offen – Männern und Frauen, unabhängig von Partei, Sprache oder Konfession.
Am 25. Oktober 1900 erscheint die erste Ausgabe der Mitgliederzeitung der Schweizerischen Krankenkasse Helvetia. Sie kostet 10 Rappen, man beabsichtigt allerdings, das Blatt «in ca. 500 Wirtschaften gratis auszulegen, so kann man sich kaum eine wirksamere Propaganda denken».
Die Helvetia hat ihre erste Kassierin. Elise Langhard führt das Amt in der Sektion Zürich 5 (Industriequartier und Hard) aus. Alle anderen Sektionskassiere – damals 51 an der Zahl – sind Männer.
Werbung – in Wort, Bild und Schrift – gehörte zum Erfolgsrezept der Helvetia. Nur aufdringlich wollte man nicht sein.
Die Helvetia expandiert in die Westschweiz, die erste Sektion wird in Freiburg gegründet, ein Jahr später folgt Lausanne. Im Zentralvorstand nimmt 1905 mit Constant Jeanloz der erste Vertreter der französischen Schweiz Einsitz.
Der erste Lobby-Versuch der Westschweizer Sektionen erhielt eine derbe Absage. Trotzdem gedieh die Krankenkasse in der Romandie und im Tessin.
Die erste Tessiner Sektion (Bellinzona) entsteht. Inzwischen hat die Helvetia 15'095 Mitglieder und 178 Sektionen. Die erste Delegiertenversammlung im Tessin findet erst 1931 im Kursaal von Locarno statt.
Das Bundesamt für Sozialversicherungen registriert die Helvetia am 15. Juni 1914 als «vom hohen Bundesrat anerkannte Kasse Nummer 58».
Die Helvetia tritt dem Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen (KSK) bei.
Die Spanische Grippe trifft auch die Schweiz hart. Es sterben über 24'000 Menschen, die Helvetia ist am Rand des Ruins. 900'000 Franken Krankentaggeld muss sie für die Grippe aufwenden. «Ein schwerer Schritt war es, die letzten Obligationen dem Tresor zu entnehmen und sie für auszuzahlende Krankengelder belehnen zu lassen», schreibt Zentralpräsident Hermann Meier. Extrabeiträge von den Versicherten und Hilfe vom Bund retten die Helvetia.
Zusätzlich zur Taggeldversicherung bietet die Helvetia neu auch die Krankenpflegeversicherung an (Monatsbeitrag für Kinder: 1.50 Franken; für Erwachsene: zwischen 3 und 4.50 Franken). Diese Versicherung läuft zuerst nur schleppend an: Nach einem Jahr sind ihr 766 Erwachsene und 115 Kinder beigetreten.
Die 100'000er Marke ist geknackt: Die Helvetia erreicht die stolze Zahl von 114'324 Mitgliedern. Sie ist jetzt die grösste Krankenkasse der Schweiz.
Die Helvetia hat zum ersten Mal mehr weibliche Mitglieder (59'699) als männliche (58'169). Die Einführung der Krankenpflegeversicherung – die mittlerweile 64'548 Erwachsene abgeschlossen haben – ist eine der Ursachen.
Die Helvetia führt eine Tuberkuloseversicherung ein – «nach anfeuernden Worten» des Zentralpräsidenten an der Delegiertenversammlung und einem Votum von Vorstandsmitglied Franz Kaspar, der sagt, die Versicherung sei auch «eine Angelegenheit des Herzens».
Die Zentralverwaltung rechnet den rund 11'000 Stadtzürcher Versicherten vor, dass der Gesamtverband für ihre Krankenpflegeversicherung eine Viertelmillion zuschiessen muss. Sie sollen sich deshalb nicht mehr «jeder Kleinigkeit wegen krankmelden». Oder ob etwa die Zürcher Luft schlechter sei als die Berner oder Basler, «wo die Kosten erheblich geringer sind. Wir glauben es nicht!»
Am 23. Juni 1940 beschliesst die Delegiertenversammlung die Einrichtung eines Hilfsfonds für zurückgekehrte Auslandschweizerinnen und -schweizer. Rund 50'000 sind es, die während der Kriegsjahre aus allen Ländern der Welt wieder in die Heimat strömen. Die Helvetia stellt für die Männer und Frauen, die «zermürbt und krank» zurückkommen, 25'000 Franken für ärztliche Hilfe, Arzneien, Spital- oder Sanatoriumspflege zur Verfügung.
Wie die Krankenkassenzeitung zum Präventionsratgeber wurde – und Alkohol für erregte Gemüter sorgte.
Mitten im Krieg zieht die Helvetia von ihren gemieteten Büroräumen in einem ehemaligen Hotel in ein neues Verwaltungsgebäude an der Zürcher Stadelhoferstrasse. Der Neubau ist das erste «eigne Heim» der Krankenkasse. Die Baukosten belaufen sich auf 915'193.25 Franken.
Die automatisierte Datenverarbeitung hält Einzug: Die erste Lochkartenmaschine wird bei der Zentralverwaltung der Helvetia installiert und in Betrieb genommen.
Neu ist auch die Spitalzusatzversicherung im Angebot der Helvetia. Im ersten Jahr schliessen sie rund 10'000 Mitglieder ab.
Das 50-Jahr-Jubiläum der Helvetia wird am 26. Juni 1950 mit einer Feier im Zürcher Kongresshaus begangen. Die Sektionen haben diverse Ehrengaben anfertigen lassen: Eine kunstvoll verzierte Kuhglocke aus Freiburg, Kanne und Becher aus dem Waadtland und eine Wappenscheibe von den Sektionen beider Basel.
Eine Gruppe um fünf Baumeister gründet am 20. Mai 1952 im Berner Restaurant Räblus die Artisana. Sie soll eine Krankenkasse für das Baugewerbe sein. Erster Zentralpräsident ist der Schwarzenburger Albert Binggeli.
Der Zentralvorstand der Helvetia schafft eine elektronische Datenverarbeitungsanlage an: die IBM 1401. Der Rechner wiegt zwei Tonnen und verfügt über einen Arbeitsspeicher von 16 Kilobyte.
Die 1000. Helvetia-Sektion ist gegründet: Sie befindet sich in Eggiwil im Emmental.
Jahrelang wurde darüber verhandelt, jetzt tritt es in Kraft: das revidierte Kranken- und Unfallversicherungsgesetz (KUVG). Unter anderem führt es die Franchise ein und erleichtert den Versicherungsbeitritt.
Ein goldenes Kassenbüchlein für das millionste Helvetia-Mitglied und ein denkwürdiger Tag für die soziale Krankenversicherung.
Mit der Coop Lebensversicherungsgesellschaft schliesst die Helvetia einen Vertrag ab und bietet den Mitgliedern eine Risiko-Lebensversicherung an. Ab 1992 kooperiert die Helvetia auch mit der Coop-Rechtsschutz.
Die Artisana bezieht ihr erstes kasseneigenes Verwaltungsgebäude an der Effingerstrasse 59 in Bern.
Ab den 1950er-Jahren ging es steil aufwärts: Mit der medizinischen Entwicklung, aber auch mit den Kosten im Gesundheitswesen. Die Helvetia rang nach Lösungen.
Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts war die «Managerkrankeit» in der Schweiz angekommen. Die psychisch und physisch Angeschlagenen gingen zur Kur nach Gais.
Die Helvetia-Delegierten wählen am 11. Oktober 1980 mit der Krienser Sektionskassierin Frieda Steiner die erste Frau in den Zentralvorstand. 1983 folgen die Freiburgerin Rose-Marie Wirthner und 1984 Arlette Koch aus Pratteln.
Am 15. September 1982 gründen Helvetia, Concordia, OSKA (heute Swica) und das Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen (heute santésuisse) die Solida Versicherungen AG. Als «Unfallversicherung Schweizerischer Krankenkassen» soll die Solida für alle zugänglich sein.
Das Konkordat der Schweizerischen Krankenkassen reicht die Initiative «für eine finanziell tragbare Krankenversicherung» (Krankenkassen-Initiative) ein. Auch die Helvetia sammelt zur Bekämpfung der steigenden Gesundheitskosten Unterschriften. Das Volksbegehren kommt 1992 zur Abstimmung – es wird abgelehnt.
Namensvetterinnen unter sich: Die Zusammenarbeit mit den Helvetia Versicherungen – die 1858 als «Allgemeine Versicherungs-Gesellschaft Helvetia» in St. Gallen gegründet wurde – beginnt am 1. Januar 1990. Zu den Angeboten gehört unter anderem die gemeinsam vermarktete Helvetia Ferien- und Reiseversicherung.
Der Risikoausgleich unter den Kassen wird per dringlichem Bundesbeschluss eingeführt – eine Idee der Helvetia, «um die Entsolidarisierung zu stoppen».
Die Helvetia übernimmt die Krankenversicherung Progrès. Die Progrès wurde 1903 in Le Locle gegründet und ist vor allem lokal im Kanton Neuenburg tätig. Die Helsana-Gruppe positioniert sie später als «Krankenversicherung für Familien, die günstige Prämien für familiengerechte Leistungen erwarten» – erst in der Westschweiz und später in der ganzen Schweiz.
Im Abstimmungskampf um das revidierte Krankenversicherungsgesetz (KVG) finden sich die Helvetia auf der Ja- und die Artisana auf der Nein-Seite. Die Helvetia darf sich schliesslich zu den Gewinnerinnen zählen: Am 4. Dezember 1994 nehmen die Stimmberechtigten das neue KVG an. 1996 tritt es – und damit die obligatorische Krankenpflegeversicherung (OKP) – in Kraft.
Helvetia und Artisana führen Gespräche über einen Schulterschluss. Im September 1995 kündigen die beiden Versicherer an: Sie wollen sich zusammentun. Bei ihnen sind 1,6 Millionen Kundinnen und Kunden versichert, das gemeinsame Prämienvolumen beträgt 3,26 Milliarden Franken.
Das Fallmanagement wird eingeführt. Die Fallmanagerinnen und -manager der Helsana begleiten die Versicherten während und allenfalls nach einem Spitalaufenthalt: Sie koordinieren und überwachen die administrative Abwicklung der Behandlung.
Die Helsana gründet die Tochterkassen Avanex und Sansan. Das Eidgenössische Departement des Innern (EDI) hatte den beiden Gesellschaften die Bewilligung zunächst verweigert. Avanex soll «zeitsensitive, selbstverantwortliche Personen», die «ihre Geschäfte vor allem im Internet» abwickeln, ansprechen, die Sansan «berufstätige und/oder familienorientierte, engagierte moderne Frauen».
1000 Mitarbeitende von 20 Standorten zügeln Ende 2004 ihre Arbeitsplätze an den neuen Helsana-Hauptsitz nach Stettbach.
Im Februar 2005 übernimmt die Helsana von La Suisse, einer Tochtergesellschaft von Swiss Life, das Krankentaggeld- und Unfallversicherungsgeschäft (59'000 Verträge mit einem Prämienvolumen von 260 Mio. Franken).
Die Helsana schliesst sich mit der Aerosana zusammen. 1987 durch eine Gruppe von Swissair-Piloten gegründet, ist die Kasse nach dem Swissair-Grounding in Schwierigkeiten geraten. Innerhalb der Helsana-Gruppe wird die Aerosana als eigene Marke mit Fokus auf Familien positioniert. 2011 wird die Aerosana in die Progrès integriert.
Den Wandel von der Krankenkasse zum umfassenden Personenversicherer für Privat- und Firmenkunden will die Helsana auch mit einem neuen Erscheinungsbild unterstreichen. Merkmale: Die Grundfarbe rot und ein moderner Schriftzug.
Die Tochterkasse Maxi.ch wird lanciert. Sie richtet sich an «aktive und gesundheitsbewusste Menschen, die sich vor allem über das Internet informieren». 2016 wird Maxi.ch in die Avanex integriert.
Neue Spitze für die Helsana: Prof. Dr. med. Thomas D. Scuzs wird Verwaltungsratspräsident und Daniel H. Schmutz Konzernchef. Sie übernehmen von Eugen David und Manfred Manser, die die Ämter seit der Gründung der Helsana innehatten.
Wie Helsana nach Millionenverlusten und Versichertenflucht die Wende gelang.
Die Helsana führt ein offizielles Maskottchen ein: den Biber Helsi. Er soll vor allem Kinder zu Bewegung und mehr gesunder Ernährung ermuntern.
Im April 2013 tritt die Helsana aus dem Branchenverband santésuisse aus und gründet mit CSS und Sanitas den Verband curafutura. Die KPT kommt kurze Zeit später dazu. Erklärtes Ziel von curafutra ist ein solidarisches Gesundheitssystem, das auf Wettbewerb beruht.
Die Helsana publiziert den ersten Arzneimittelreport. Ziel: Verlässliche Daten öffentlich zugänglich machen und so Transparenz über die Arzneimittelversorgung in der Schweiz schaffen.
MyHelsana startet: Das digitale Kundenportal spart Papier und macht die Kommunikation zwischen Versicherung und Kundinnen und Kunden einfacher.
Die Helsana beginnt ihre Partnerschaft mit der Stiftung Theodora. Die Spitalclowns besuchen jedes Jahr mehr als 100'000 Kinder und schenken ihnen unbeschwerte Momente in schweren Zeiten.
Gesünder kochen, sich mehr bewegen und Punkte sammeln: Mit der Helsana+ App können gesundheitsbewusste Versicherte Pluspunkte in bares Geld und Angebote umwandeln.
Die erste Ausgabe des Helsana-Ratgebers erscheint. Sie ist dem Thema Stress gewidmet.
Der Krankenversicherer Helsana kämpft 2021 mit massiv höheren Kosten: Patientinnen und Patienten holen wegen der Covid-Pandemie aufgeschobene Behandlungen nach.
Roman Sonderegger ist neuer CEO der Helsana. Der Betriebsökonom hat langjährige Erfahrung im Versicherungswesen und leitete seit 2017 den Bereich Finanzen und Versicherungstechnik bei der Helsana.
Die bisher eigenständige Tochtergesellschaft Progrès wird in die Helsana integriert. Zuvor waren im Jahr 2017 die Sansan in der Progrès und die Avanex in der Helsana aufgegangen.
Mit dem Arzneimittelreport zeigt Helsana, was Daten bewirken können. Und hilft damit, Missstände im Gesundheitswesen aufzudecken.
Die Helsana blickt auf 125 Jahre Krankenversicherungsgeschichte zurück. Was mit der Gründung der Helvetia beginnt, setzt sich mit der Fusion mit der Artisana und der Geburt der Helsana fort: Innovative Ideen für ein solidarisches, bezahlbares Gesundheitswesen. So ist die Helsana nicht nur zum führenden Kranken- und Unfallversicherer der Schweiz mit mehr als zwei Millionen Versicherten geworden. Sondern setzt sich auch für die Gesundheit jedes und jeder Einzelnen ein.